„Du bist ein Gott, der mich sieht.“

(1.Mose 16,13)

Es hätte kaum ein besseres Motiv geben können für das Jubiläum der Vesperkirche als die Jahreslosung für das Jahr 2023. „Du bist ein Gott, der mich sieht“ – hier redet nicht einer der Privilegierten, sondern Hagar: eine Sklavin auf der Flucht.

Für uns ist die Gotteserfahrung Hagars ein diakonischer und ein politischer Anspruch an Kirche und Gesellschaft. Seit 10 Jahren engagieren sich Ehrenamtliche und Hauptamtliche und versuchen den Menschen zu sehen, wie er ist. Sie machen damit deutlich, dass es um die Rechte und die Würde des Menschen geht, nicht um Almosen.

Wenn Gott den Menschen ansieht, dann geht es um konkrete Dinge. Es geht deshalb auch um einen Haarschnitt oder um eine erste medizinische Versorgung; es geht um die Lebensgeschichten, um die Sehnsucht nach einer gerechten Welt und alle gesammelten schlechten Erfahrungen. Die Vesperkirche ist seit 10 Jahren der Ort, an dem unsere Nächsten den Segen und ein gutes Wort bekommen. So stehen wir einander bei.

Das ist auch eine sozialpolitische Agenda. Es bleibt eine kirchliche Aufgabe, auf das zu sehen, was Teilhabe verhindert und Ungerechtigkeit vergrößert. So erinnert die Vesperkirche an die gemeinsame Verantwortung für eine gerechte Welt. „Du bist ein Gott, der mich sieht“. Ich bin mir sicher, dass viele der Gäste der Vesperkirche das seit 10 Jahren auch sagen können. Dazu haben viele beigetragen. Die Vesperkirche gibt es nur mit dem großen Einsatz der Ehrenamtlichen, mit der finanziellen Unterstützung der Spender*innen, mit dem Mitgehen der Johannis-Paulus-Gemeinde, mit der Erfahrung und der Kraft des Diakonischen Werkes und mit der Unterstützung vieler Menschen unserer Stadtgesellschaft.

Es ist ein Gemeinschaftswerk, durch das Gottes Zukunft in unserer Kirche hier und in unserer Stadt Gestalt gewinnt. Durch Sie alle ist die Vesperkirche ein besonderer Ort der Liebe Gottes, Fluchtpunkt und Zuflucht für Menschen in Not.

Ich danke Ihnen allen im Namen der Evangelischen Kirche in Karlsruhe dafür und gratuliere herzlich zu diesem besonderen Jubiläum.

Ihr
Dr. Thomas Schalla
Dekan der Evangelischen Kirche in Karlsruhe

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